Mit Sonne und Seewasser in die Energiezukunft

Winter 2022/23

Plötzlich ist der Strom weg: Das haben die Behörden der Gemeinde Stäfa Anfang 2018 erlebt – und aus der Situation gelernt. So war die Seegemeinde im Winter 2022/23 angesichts der drohenden Energiemangellage gut vorbereitet. Dennoch identifizierte der Krisenstab weitere 100 Massnahmen, um Energie zu sparen und auf Strom- oder Gasausfälle zu reagieren. Parallel dazu erfolgt die Umstellung auf erneuerbare Energien – unter anderem mit einem Energieverbund, der Seewasser aus dem Zürichsee zur Wärmeerzeugung nutzt.

«Burglind» öffnete den Behörden in Stäfa die Augen. Die Orkanböen des Sturmtiefs erfassten am 3. Januar 2018 grosse Teile der Schweiz. Bäume krachten auf Hochspannungsleitungen und schnitten das Unterwerk Stäfa vollständig vom Strom ab. «Es ging nichts mehr», erinnert sich Ruedi Haug, Leiter der Abteilung Sicherheit.

Die rund 15’000 Einwohnerinnen und Einwohner waren bis zu fünf Stunden ohne Strom, und weder Behörden noch Rettungskräfte waren über das Festnetz erreichbar – die Kommunikation mit den besorgten Bürgern war unterbrochen. «Das wollten wir so nie wieder erleben», sagt Haug. Die Gemeindeführungsgremien begannen daraufhin, sich gezielt auf künftige Stromausfälle vorzubereiten: Konzepte wurden angepasst, ein Notfalltreffpunkt im Gemeindesaal Obstgarten eingerichtet und Satellitentelefone sowie Notstromaggregate angeschafft.

Auf den Ernstfall vorbereitet

Doch nicht nur für einen plötzlichen, grossflächigen Stromausfall, einen so genannten «Blackout», rüstete sich Stäfa. Die Gemeinde hatte in Risikoanalysen eine länger andauernde Strommangellage zwar nicht als primäre Gefährdung, aber dennoch als mögliches Szenario identifiziert. «Deshalb hat uns der drohende Energiemangel im Krisenwinter vor zwei Jahren nicht überrascht. Wir konnten auf unsere Vorbereitungen zurückgreifen», erklärt der Sicherheitschef.

Ähnlich war es der Gemeinde schon mit der COVID-Pandemie ergangen: Als das Virus in der Schweiz zum Thema wurde, konnte Haug seine Pandemiepläne von 2006 aus der Schublade ziehen, die er nach einem grossen Vogelgrippe-Ausbruch in Europa erstellt hatte. Wie damals intensivierte Stäfa angesichts der Energiemangellage das Krisenmanagement. «Die Bedrohung war real und wir nahmen sie ernst», betont Haug.

Über 100 weitere Massnahmen identifiziert

Der Krisenstab Energiemangellage, in dem Fachbereiche der Gemeinde Stäfa, die Schule, die Gemeindewerke und das Alterszentrum vertreten waren, legte angesichts der drohenden Energiemangellage über 100 zusätzliche Massnahmen fest. Diese zielten darauf ab, Energie zu sparen, Prozesse sicherzustellen und auf mögliche Kontingentierungen des Bundes sowie Strom- und Gasausfälle zu reagieren. Der Massnahmenkatalog reichte vom Verzicht auf Aussenbeleuchtung bei öffentlichen Gebäuden über die Sicherstellung der Abwasser- und Abfallentsorgung, der Notstrom- und Wasserversorgung sowie die Versorgung pflegebedürftiger Menschen bis hin zum Einsatz eines Sicherheitsdienstes bei möglichen Plünderungen. «Viele Vorkehrungen mussten nicht aktiviert werden, aber es war beruhigend zu wissen, dass wir für den Ernstfall gerüstet waren», erklärt Ruedi Haug.

Um die Bevölkerung zu informieren und zu sensibilisieren, wurden zwei Broschüren mit den Titeln «Wenn die Energie knapp wird…» und «Notfalltreffpunkt Stäfa» erstellt und an alle rund 6800 Haushaltungen verteilt.

Eine umfassende Prävention, die sich nur eine «reiche Seegemeinde» leisten kann? Sicherheitschef Haug verneint: «Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger darf keine Frage des Geldes sein. Ein effizientes Krisenmanagement lässt sich auch mit einem bescheidenen Budget umsetzen.»

Text- und Bildquelle: Kantonspolizei Zürich